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Interview mit Deniza Popova deutschland.de

 

Ein Beitrag von Gloria Tropsch, 1.7.2019, bei Dr. Margarete Zander (rbb & NDR)

Ob traditionelle Lieder aus der Ukraine und Russland großstadttauglich sind beweist uns Polynushka.

Polynushka, bedeutet übersetzt Wermutgras. Das Ensemble vereint ukrainische mit russischer Folklore und erweckt bereits vergessene Traditionen wieder zu neuem Leben.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Gruppen, die die Gesänge der Babuschki imitieren, behält bei Polynushka jeder einzelne sein Timbre bei.

Das Ensemble kann auf ein breitgefächertes Repertoire bauen. Die Lieder und deren Herkunft sind ebenso vielfältig wie die Zusammensetzung der Gruppe. 7 Frauen und zwei Männer aus Russland, der Ukraine, Sibirien und Bulgarien bilden eine Einheit in der vokalen Polyphonie.

Als ich Polynushka zum ersten Mal bei einem Nachbarschaftsfest in Kreuzberg hörte, war ich sofort begeistert und berührt von der Intensität, die von den Stimmen und deren Zusammenspiel ausging. Was klar durch Gespräche heraus zu hören ist: Polynushka versteht sich nicht nur als ein Haufen zusammen gewürfelter Menschen die gemeinsam Musik machen. Die Mitglieder verstehen sich als eine Art Ersatzfamilie in der man lacht, diskutiert, sich unterstützt, fordert und natürlich auch singt.

Im Fokus steht für Polynushka Authentizität. Eine Verfälschung der uralten Texte und Melodien kommt nicht in Frage. Das alte Wissen, die Mythologie und Symbolik der Lieder soll bewahrt und weitergetragen werden. Die Lieder handeln von Schicksalen. Die bestehenden Gefühle werden aber meist nicht direkt zum Ausdruck gebracht sondern verstecken sich hinter Metaphern und Gleichnissen. Das Verständnis muss daher erarbeitet, die Bedeutung dahinter erkannt werden. Die Texte, die teilweise aus der vorchristlichen Zeit stammen, handeln von der Natur und der Verbundenheit zur Erde, von Göttern, Tieren und Märchen.

Hört man Polynushka singen vibriert der Raum. Die Mitglieder reagieren, einer auf den anderen. Der freigelassene Gedanke wird aufgenommen, verfolgt und weiterentwickelt. Die Liebe zur Folklore aus der Heimat ist nicht nur unter den Mitgliedern spürbar sondern die Freude und Energie wird direkt an die Menschen weitergegeben die ihren Liedern lauschen.

 

Interview mit Polina Proutskova Funkhaus Europa

Radiobeitrag von Torsten Möller auf SWR2 über Konzert Heimatlieder aus Deutschland im domicil Dortmund im Rahmen der chor.com. Zu hören ist Musik von Polynushka, von der Ethnogruppe Gora, von La Caravane du Maghreb und von Njamy Sitson. Zu Wort kommen Jochen Kühling, Sandra Stupar und Youssef Belbachir.

Johannes Theurer (RBB, Mitbegründer von Radio Multikulti):
Polýnushka ist eine völlige Ausnahme. Ich kenne überhaupt nichts Vergleichbares. Für mich ist es jedenfalls eine sehr große Ausnahme, dass so engagiert und auch sehr fundiert und dann auch noch in Richtung Öffentlichkeit mit Archiv-Inhalten gearbeitet wird.

Barbara Etz (Filmproduzentin):
Die jungen Sängerinnen des Ensembles Polýnushka lassen Kulturclashs entstehen, die beabsichtigt sind. Sie treten z.B. in Berlin und London in Underground-Clubs und gleichzeitig in großen Konzertsälen, vor Botschaftern und Politikern auf. Sie bringen das russische Dorf in die westlichen Städte. In Berlin gibt es eine große Fangemeinde, die sich normalerweise bei Volksmusik abwenden würde, die Polýnushka aber ‚cool’ finden. Das geht vom wehmütigen Weltenbummler bis zur bunten russischen Community, über versprengte Punks und Berliner Intellektuelle bis zu Deutschrussen der 2. und 3. Generation.

Hanni Bode (Deutschlandradio Kultur, Musikredaktorin):
Was ist am Ensemble Polýnushka authentisch? Es ist die Melodie oder auch die Art zu singen … – das ist sehr genau nachempfunden und auch schöpferisch umgesetzt, so wie es die Frauen im Dorf machen würden, wenn das Dorf noch so wäre wie es war.

Jan Brachmann (Musikwissenschaftler und Journalist, Usedomer Musikfestival):
Die Mitglieder des Ensembles sind nicht nur musikalisch ausgebildet, sie sind auch wissenschaftlich geschult. Sie sammeln die Lieder auf eigenen Reisen oder lernen sie durchs Hören. Noten werden nicht verwendet. Es geht ihnen um eine authentische Folklore, bei der sowohl der ursprüngliche Klang, die Texte, aber auch die lebensweltlichen Zusammenhänge der Lieder und Geschichten bewahrt werden sollen.

Ildar Kharissov (Komponist):
Mich entführt diese Musik in eine andere Realität, die anders ist als die, mit der ich mein Geld verdiene und das finde ich wunderbar.